Viel mehr
Durch die Pandemie und die teils schwer nachvollziehbaren Anordnungen wurde ich zur Arbeitslosigkeit
verdammt. Das alles fühlte sich nicht gut an, weshalb ich beschloss, Kontakt zum örtlichen JobCenter
aufzunehmen, um vielleicht irgendwo eine Übergangsbeschäftigung zu erhalten. Man schlug mir u.a.
auch eine vom Arbeitsamt finanzierte Ausbildung zum Fahrlehrer vor. „Autofahren kann ich. Mit Menschen
umgehen, kann ich. Und wichtige Kommentare vom Beifahrersitz geben, kann ich auch.“ Also organisierte
ich mir selber eine Praktikumswoche, um in das Metier hineinzuschnuppern. Das war dann wie erwartet,
also sagte ich der 13 monatigen Schulung zu. Im Februar 2021 sollte das losgehen. Ich war durch den
kreativen musikalischen Schub grade voll und ganz mit der Produktion neuer Songs beschäftigt. Je näher
der Starttermin der Ausbildung rückte, desto mehr stellte ich das ganze Unterfangen mal im Hinblick auf
meine bis dato 25 jährige Künstlerlaufbahn in Frage. Und genau in diese Zweifel spielte ich jene
Akkordfolgen am Keyboard, die dann zu „Viel mehr“ werden sollten. Anfangs noch mit einen sehr
triolischen, von mir per Tastatur eingespielten, Grundgerüst aus Piano, Bass und Drums.
Als ich die Akkorde spielte, kamen mir in dieser Phase kurz vor der beruflichen Umschulung sofort die
Textzeilen in Richtung „Ich hab` noch viel mehr zu geben - da ist noch viel mehr - viel mehr in meinem
Leben“ unwillkürlich aus dem Mund geflossen. Ja, das war es. Ich hatte das Gefühl, mich künstlerisch
noch nicht komplett ausgelebt zu haben, wenn ich jetzt die Schulungsmaßnahme begönne. Mit dieser
Grundidee, diesem Gefühl entwickelte sich der Text dann eben zu einer Retrospektive meines bisherigen
künstlerischen Schaffens als auch meines Daseins mit all seinen Höhen und ebenso vielen, wenn nicht
noch mehr Tiefen. Letztlich eine Reflexion meiner selbst und derer, die mich begleitet oder an meinem
Weiterkommen gehindert haben, aber auch mit dem Statement dahingehend, dass ich mich immer wieder
gleich entscheiden würde, weil ich mich auf mein Bauchgefühl stets verlassen kann.
Durch die so wundervolle Zusammenarbeit mit „Jazzkantine“ Drummer Andy Lindner bei „Ich leb´ nur
den Moment“ war ich hocherfreut, wie sehr Andy nun diesen Song offensichtlich mochte und sich dabei
voll in Zeug legte, damit er so klang, wie ich es mir gedacht hatte. Meine Idee der Instrumentierung von
„Viel mehr“ war nämlich, dass der Titel so klingen sollte, als ob sich 5 Musiker im Probenraum träfen und
diesen Song live einspielten. Diese Vorgabe erhielten auch die anderen Musiker Grischka Zepf (Bass),
Carsten Litfin (Gitarre) und Dietrich Pinhammer (Piano + Orgel) von mir. Und vor Allem ich selber musste
mich zügeln, ausschließlich die Hauptstimme einzusingen - ohne Dopplungen, ohne 2. Stimmen und
auch ohne die von mir so geliebten Chorstimmen. Also gibt es auf dieser Aufnahme pro Instrument nur
1 Tonspur !! Funfact: Ich selber spiele auf der E-Gitarre, die mir meine liebe Frau zu Weihnachten
geschenkt hatte, im Refrain Akkorde und Single-Töne. Eigentlich wollte ich meine Gitarre wieder stumm
schalten, sobald Carsten Litfins großartige Gitarre vorlag, aber zu meiner Überraschung, meinte dieser zu
mir, dass ich mein Gitarrenspiel drin lassen solle, das klänge voll okay.